Die ersten 1500 km mit dem Elektroauto

abholung

2. Mai 2019 ca. 16 Uhr, Landsberg am Lech, Bayern. Die erste Fahrt mit meinem neuen Hyundai Kona Elektro beginnt!

Wie alles begann…

1 Jahr und 1,5 Monate habe ich auf diesen Moment gewartet, nachdem ich das Auto 8 Tage nach der Präsentation auf dem Genfer Autosalon 2018 beim Autohaus Sangl reserviert habe. Ich habe die letzten Jahre den Markt an Elektroautos immer wieder ein bisschen beobachtet, aber kein leistbares Auto hatte die nötige Reichweite um von Linz nach Graz/Leibnitz (ca. 240 km) ohne Zwischenladen zu fahren. Außerdem war das Netz an Schnellladestationen auf der A9 auch noch nicht besonders gut ausgebaut. Mit dem Kona und seinen 450 km Reichweite, sowie dem Ausbau des Ladenetztes innerhalb des letzten Jahres, gab es nun keinen Grund mehr länger zu warten! Ich entschied mich für den Kauf des Autos in Deutschland aus mehreren Gründen:

Der Händler

Das Autohaus Sangl hat sich auf Elektroautos spezialisiert und bietet, neben der Möglichkeit das Auto unverbindlich zu reservieren, einen super Service (Expertise, Online-Bestellung, YouTube Kanal mit etlichen Einführungsvideos zum Kona…). Hätte ich das Auto in Österreich so früh wie möglich haben wollen, hätte ich beim lokalen Händler einen Kaufvertrag ohne fixen Kaufpreis unterschreiben müssen.

Der Preis

Erst im Juli 2018 wurden die Preise des Kona veröffentlicht: In Österreich gibt es nur die höchste Ausstattung (Level 5) um damals ca. 44.000 € (jetzt schon 46.300 €) inklusive Förderung. Händlerrabatt gibt es keinen (Auf Nachfrage beim lokalen Händler: Einen feuchten Händedruck kannst du dazu noch haben!). Da ich mir 40.000 € als Obergrenze gesetzt habe, kam das für mich nicht in Frage.

In Deutschland hingegen gibt es drei Ausstattungen und zwei Akku-Varianten, wobei ich mich für die mittlere Ausstattung „Style“ mit dem großen Akku (64 kWh) entschieden habe, da bei dieser eine Wärmepumpe dabei ist (= weniger Stromverbrauch beim Heizen). Inklusive Förderung, Händlerrabatt, Kosten für den Eigenimport, Eintragung ins österreichische Garantiesystem und Abholung in Deutschland hat das Auto dann 37.000 € gekostet.

Die Lieferzeit

Das Autohaus Sangl hat laut eigenen Angaben in den ersten Sekunden nachdem das Bestellsystem für den Kona im Juli 2018 freigeschaltet wurde, gleich 150 Bestellungen aufgegeben. Der lokale Händler wäre da wahrscheinlich nicht schneller gewesen, wobei man die Kontingente von Hyundai Deutschland und Österreich eher schwer vergleichen kann. Jedoch hat mir der lokale Händler im November 2018 gesagt, dass Sommer-2018-Besteller ihr Auto voraussichtlich im Juni 2019 erhalten werden, was zu spät für die alte Förderung ist (damals wusste man nicht, dass die Förderung verlängert wird). Wenn ich im November 2018 bestellt hätte, müsste ich nun bis November 2019 warten.

Beim Autohaus Sangl wurde zu Beginn „Ende 2018“ als Liefertermin für die Premium Variante geschätzt. Andere Varianten würden ein bisschen länger dauern. Ich rechnete mit März 2019, beim Autohaus in Bayern war er dann am 8. April und inklusive Eigenimport dauerte es dann bis 2. Mai.

Zurück im hier und heute

Linz – Salzburg mit dem Zug, Salzburg – München mit dem Flixbus, München – Kaufering mit dem Regionalzug. Nachdem ich den halben Tag unterwegs war, wurde ich vom Bahnhof Kaufering mit einem Kona vom Autohaus Sangl abgeholt. Herr Sangl hat mir dann eine ausführliche Einführung zum Auto und speziell über das Laden gegeben.

Nun steht die erste Fahrt und gleichzeitig die Heimreise nach Linz an! Als ich, noch zusammen mit Herr Sangl, die Route ins Navi eingebe, kostet ihm das nur ein Schmunzeln: „Nur 330 km? Das ist ja langweilig. Da muss man nicht einmal Nachladen!“.

Dann fahre ich mit einem spacigen Sound weg (damit Fußgänger das Auto hören), durch den Ort und gleich Richtung Autobahn. Auf dem Beschleunigungsstreifen passiert es dann: Ich steige voll ins Gas, der Kona beschleunigt wie ein Flugzeug und ich bin komplett elektrisiert!!!

Nach erreichen der Reisegeschwindigkeit (120 km/h) wurde gleich der adaptive Tempomat aktiviert und das Auto bremst und beschleunigt automatisch. Der Spurhalteassistent aktiviert sich, sobald er Fahrstreifen erkennt, automatisch (funktioniert auf der Autobahn die meiste Zeit sehr gut). Das Auto fährt jetzt fast von alleine.

In München staut es dann durch die halbe Stadt. Kein Problem für den Kona: Der Tempomat nimmt einem jegliche Arbeit im Stau ab. Wenn ich mich nicht verfahren hätte, hätte ich wahrscheinlich durch ganz München weder Gas- noch Bremspedal benötigt.

ionity
Alleine an den IONITY-Stationen in Mondsee

Nach 230 km Fahrt mache ich dann in Mondsee bei den IONITY-Ladestationen eine Pause. Nicht weil das Auto laden muss, sondern weil ich das erste Mal laden probieren möchte und ich auch gerne eine Pause machen will. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kona noch 225 km Reichweite – vor dem Laden. In Deutschland bin ich übrigens immer die maximale Geschwindigkeit gefahren und an den wenigen unlimitierten Abschnitten 120 km/h.

verbrauch
Super Verbrauch bei der ersten Fahrt!

Nach 20 Minuten war der Akku dann von 50 auf 80% geladen (Kosten: 2,61€) und ich hatte für die restlichen 100 km wieder Akku für 350 km an Board.

Diese versuchte ich dann mit Tempo 130 zu fahren, was den Stromverbrauch auch nicht erheblich erhöhte. Zu Hause kam ich dann mit ca. 230 km Restreichweite um 20:15 Uhr an. Durchschnittsverbrauch: 13,9 kWh pro 100 km! Ein Wahnsinn! An diesem Tag waren die Verhältnisse mit 20° Außentemperatur und trockener Fahrbahn übrigens perfekt für ein E-Auto.

Pendeln und Laden

Unser Arbeitsweg von Alkoven zur Plus City ist in eine Richtung ca. 14 km. In der Plus City selbst gibt es acht kostenlose 22 kW Ladestationen, wobei der Kona dort nur mit max. 7,2 kW laden kann. Mit dem mitgelieferten Ladekabel (nur 20 statt 32 A) nur 4,4 kW. Dort würde er dann ca. 15 Stunden benötigen um von 0 bis 100% zu Laden. Wir haben ihn jetzt einmal an einem gesamten Arbeitstag (6:45 bis 16:45 Uhr) von 30% auf 100% geladen. Um die Ladesäule nicht zu lange zu blockieren, werden wir aber in Zukunft öfter, aber dafür nur am Vormittag, laden. In der Regel müssen wir auch nicht öfter als einmal pro Woche dort laden. Zusätzlich haben wir in der Nähe einen Lidl mit gratis Schnelllader, wo man in ca. einer Stunde von 20 auf 80% laden kann. Da freut man sich dann sogar auf eine lange Schlange an der Kassa 😉  Wenn es hart auf hart kommt, könnten wir auch in der Wohnung über die Schuko-Steckdose (Lichtstrom) auf der Terasse laden. Das würde es dann aber ziemlich lange dauern und wäre nicht kostenlos 😉

„Roadtrip“ in die Südsteiermark

Dieses Wochenende war dann der erste Ausflug in die Südsteiermark auf dem Programm. Mit 94% Akku ging es von Pasching aus los in das 240 km entfernte Lebring. Es hatte nur 9°, regnete teilweise stark und es war relativ viel Verkehr, also nicht die optimalsten Voraussetzungen für einen Effizienzrekord. Tanja war am Steuer und ich habe ihr gesagt, sie kann so schnell fahren wie sie will. Runter kommen wir immer 🙂 Bei Tempo 130 bis 145 ginge dann die Reichweite doch etwas schneller runter, als die Restreichweite zum Ziel. Am Ende erreichten wir dann Lebring mit einem Akkustand von 27% oder 100 km Restreichweite. Durchschnittsverbrauch: ca. 17,5 kWh pro 100 km.

garage
Mit dem go-eCharger am Starkstrom

In Lebring konnten wir dann das erste Mal unser „intelligentes Ladekabel / Wallbox“, den go-eCharger (ca. 500€ inkl. 200€ Förderung), an der Starkstromsteckdose in der Garage ausprobieren. Dort hat der Kona dann die ganze Nacht (11 Stunden mit 3,4 kW) von 27% auf 78% geladen. Wir hätten dort übrigens auch an der Schuko-Dose laden können (dann 2,1 kW), aber das wäre langsamer und der Starkstrom ist besser auf eine längere Last ausgerichtet.

Am nächsten Tag ging es dann gleich in der Früh nach Graz und am späten Vormittag nach Hartberg. Die Region Hartberg ist ein Vorreiter für E-Mobilität: Gefühlt kann man dort an jeder Ecke gratis laden und im Ortszentrum gibt es einen kostenlosen 120 kW Schnelllader (zum Vergleich: die meisten anderen Schnelllader haben nur 50 kW Leistung)! Wow! Mit unserer Steiermark Card besuchten wir dann den Ökopark und später ging es ins Ortszentrum. Die Innenstadt und auch der Schnelllader waren leider an diesem Tag wegen einer Veranstaltung gesperrt. Aber eine andere Ladestation war zum Glück frei. Nicht dass wir in Hartberg hätten laden müssen, aber wenn man schon zwei Stunden da ist und das Laden kostenlos ist, steckt man halt doch an.

Dann ging es wieder zurück nach Lebring und nach 200 km Fahrt war der Akku noch 52% voll. Nach 10 Stunden Laden in der Garage war er dann wieder auf 100%. Am go-eCharger kann man übrigens den Ladevorgang über die Cloud überwachen.

Am Samstag ging es dann das erste Mal zu fünft zu einer kleinen Wanderung an die Südsteirische Weinstraße und anschließend zu einer Buschenschankjause. Zwei große Personen vorne und drei nicht-so-große Personen hinten haben gut Platz. In der hügeligen Landschaft der Südsteiermark ist das Rekuperieren (Energierückgewinnung beim Bremsen) natürlich besonders vorteilhaft.

weinland

Am Sonntag ging es dann bei 7°,  heftigem Regen und Wind wieder zurück nach Oberösterreich. In der Früh war das Auto 100% geladen. Nach einer Probefahrt am Vormittag (25 km), einem Abstecher bei meiner Schwester in Frohnleiten (30 km), der geplanten Fahrt am Abend von Alkoven nach Linz und zurück (30 km), sowie der Fahrt zur Arbeit am nächsten Morgen (15 km), wussten wir dass wir irgendwo einen Ladestop einlegen müssen (insgesamt war die Autobahnreichweite heute auf ca. 340 km gesunken). Dies wurde gleich mit dem Mittagessen beim Ox im Star Movie Wels kombiniert. Dort konnten wir das Auto beim Schnelllader für 3 € pauschal in 45 Minuten von 20 auf 72% aufladen.

Insgesamt haben wir an diesem Wochenende (Donnerstag bis Sonntag) 800 km elektrisch zurückgelegt. Ganz ohne Reichweitenangst 😉

Innerhalb der letzten Woche hatte ich Probefahrten mit insgesamt 18 Personen und jeder Einzelne war danach begeistert. Das ist Elektromobilität im Jahre 2019. Es ist nicht die Lösung aller Probleme, aber ein erster Schritt in die richtige Richtung.


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