3 Tage durch das Hochschwabmassiv

Durch unseren 2-Jahres-Zyklus Meer-Berge-Meer-Berge… hat unsere diesjährige CDH07-Wanderung – mittlerweile #7 – in Österreich stattgefunden. Durch die gute Erreichbarkeit von Graz, die weitläufige Naturlandschaft (fast ähnlich dem Toten Gebirge) und da noch niemand von uns die Gegend richtig besucht hatte (außer dem nun Fast-Einheimischen Dominik) fiel die Wahl auf eine Überquerung des Hochschwab.

Vom Seebergsattel über die Aflenzer Staritzen, das Schiestlhaus, die Sonnschienhütte und die Frauenmauerhöhle ging es in 3 Tagen und 2 Übernachtungen bis zur Gsollkehre in Eisenerz (Ganze Route). Heuer dabei waren Matzi, Gernot, Rufus, Dominik, Christoph und ich – eine Rekordbeteiligung!

Tag 1 – Seeberg – Schiestlhaus/Hochschwab-Gipfel

Von Graz ging es gemütlich mit dem Zug nach Bruck/Mur, von wo uns ein Bus zum Seebergsattel auf 1246 m Seehöhe brachte. Startzeit: 09:15. Die Tour ist mit 6 Stunden festgelegt und die Wettervorhersage nicht optimal. Am Nachmittag soll Regen (zum Glück jedoch keine Gewitter) kommen. Eine Warnschild am Startpunkt warnt uns vor gefährlichen Wetterumschwüngen in diesem Gebiet. Ohne Bergerfahrung sollte man diese Tour eher meiden, da es 6 Stunden und 14 km lang keine Einkehrmöglichkeit, kein Wasser, keinen Handyempfang (je nach Netz) und auch keine Unterstellmöglichkeit gibt (die Aflenzer Staritzen und der Hochschwab sind komplett unbewachsen, nicht einmal Latschen gibt es). Da wir tendenziell schneller als die angegebenen Zeit sind und schon etwas Erfahrung haben, gingen wir es trotzdem an.

Die erste Stunde war für die ersten 600 Höhenmeter reserviert. Hier konnten wir noch ein letztes Mal den Wald genießen, bevor die Einöde der Staritzen startete. Da zumindest eine Person normalerweise körperlich extrem von der Wanderung mitgenommen wurde (aka Blasen, Woif etc.), kam Matzi mit einer Idee um diese althergebrachte Tradition am Leben zu erhalten: „Wenn ma zum Schluss alle gesund ohne Probleme wieder runter kommen, brechen wir wem die Hand!“

Von nun an ging es auf dem Hochplateau immer auf ca. 1800 m dahin. Nach einiger Zeit konnte man ganz entfernt den Hochschwab-Gipfel erkennen. Das soll sich heute noch ausgehen? Nach gut zwei Stunden hätte sich ein Abstecher („Abkürzung“) auf die Hohe Weichsel (2006 m) angeboten. Ein Blick auf die Karte und die noch zu bewältigende Distanz lies uns dann aber den normalen Weg weitergehen. Bei unsicherem Wetter muss man es nicht riskieren (im Nachhinein eine gute Entscheidung).

Jetzt ging es im Flow dahin: Es wurde Kilometer für Kilometer abgespult. Immer wieder wiederholte sich, dass man den Weg ewig weit bis zur nächsten Kuppe sah und dort angekommen wieder die nächste Kuppe anpeilte… Der Gipfel schien nicht merklich näher zu kommen. Immer wieder tauchten dort und da ein paar Gämsen auf. Manche gönnten sich, in einem Schneefeld sitzend, eine coole Pause.

Dann endlich kamen wir am Eingang des mächtigen Ochsenreichkar an, um zu Jausnen. Gemütlich in der warmen Sonne sitzend, blickten wir auf den noch vor uns liegenden Weg, wo es anfangs noch einmal auf 1800 m bergab geht, bevor es final bis zum Hochschwab-Gipfel (jetzt schon näher!) noch auf 2277 m steigt. In der Ferne überquerte gerade eine Wandergruppe vorsichtig ein großes und steiles Schneefeld im Kar. Laut Karte sollten wir nun in einer guten Stunde bei der Schutzhütte sein. Das Wetter hält noch immer an. Weiter kämpfen!

Wie erwartet verlangte das Kar und die darauf folgenden Steigungen uns noch einiges ab. Rechts kam nun der Weg von Weichselboden herauf dazu. Bald tauchten neben den Gämsen auch Steinböcke auf. Diese majestätischen Tiere sieht man wirklich nicht so oft! Keine zehn Meter entfernt spazierte ein Exemplar mit seinen schönen, langen Hörnern vorbei.

Einmal noch um die Ecke und endlich taucht das Schiestlhaus auf. Geschafft! Noch schnell ein Foto einer anderen Gruppe gemacht, als Belohnung ein Zirberl verdient und ab geht’s auf ein vorgezogenes Gipfelbier in die Hütte!

Wer eine „normale“ Almhütte bzw. Schutzhaus erhofft, ist am Schiestlhaus falsch. Erstens war es 2005 bei der Eröffnung das erste als Passivhaus konstruierte Schutzhaus und Zweitens bietet das junge Hütten-Team eine sehr breite Auswahl an vegetarischen und veganen Gerichten an – und nebenbei auch vielen weiteren alternativen Exponaten. Bier gibts natürlich auch. Prost! Es sollte das letzte Bier sein, welches wir auf der Terasse genießen konnten.

Gleich darauf ging es an den Gipfelsturm. Nach dem einen Weizen war ich zwar schon etwas wackelig auf den Beinen, doch die 15 Minuten und 150 hm waren natürlich locker drinnen. Es war bereits nach 16 Uhr und kurz nachdem wir den Gipfel erreichten, zogen auch schon von Norden die ersten Nebelschwaden auf. Von nun an ging es blitzschnell: Wir machten uns natürlich gleich auf den Weg zurück zur Hütte, der Nebel war jedoch schon so dicht, dass man nur mehr wenige Meter sehen konnte. Kurz nachdem wir die Hütte erreichten zog auch Sturm und Regen auf, welcher die ganze Nacht bis zum nächsten Morgen bleiben sollte. Der Wind war sogar so stark, dass es sogar vom Plumpsklo ordentlich retour wehte. An eine gemütliche Sitzung war daher nicht zu denken!

Den Abend ließen wir dann mit alternativen Speisen und einem Allgemein-Wissens-Quiz (Wann waren die Terrorangriffe auf die WTC? 11.09.2011! Diese Höhenluft aber auch!) ausklingen, bevor wir uns in unser persönliches Lager zurückzogen. Der Wind summte uns dabei ein Gute-Nacht-Lied.

Tag 2 – Schiestlhaus – Sonnschienhütte und Ebenstein

Wie erwartet konnten wir gemütlich frühstücken, weil bei Nebel und Wind nicht an ein weitergehen zu denken war. Die Westseite der Hütte war sogar über Nacht vereist. Für einige Sekunden hatte man Weitsicht, bis die nächste Nebelschwade die Hoffnung wieder nahm. Dann aber verzog sich der Nebel endlich und um 10:45 war Aufbruch Richtung Sonnschienhütte! Dicht eingepackt kämpften wir uns nun wieder rauf zum Gipfel und gegen den Wind. Die Temperatur lag wahrscheinlich irgendwo um die 5°.

Nach dem Gipfel und der Biwakschachtel ging es ähnlich wie am Vortag durch die Einöde weiter. Auch im Juli und nach einem relativ schneearmen Winter gibt es hier heroben noch sehr viele Schneefelder. Bald fängt das Gelände an zu fallen und die Sonnschienalm taucht im Hintergrund auf. Noch weiter entfernt wartet auch schon die Frauenmauer auf uns.

Mit jedem Meter bergab wird der Wind weniger, es wird wärmer und die Vegetation beginnt zu erblühen! Eine halbe Stunde später gehen wir durch ein dichtes Latschengebiet mit vielen Blumen. Es lichtet sich und die Häuslalm taucht auf. Leider ist sie dienstags nicht bewirtschaftet. Für eine Pause passt es trotzdem. Bis hierher waren wir 2,5 statt angegebenen 4 Stunden unterwegs. Am Morgen hatten wir den Ebenstein – der Gipfel in der „Nähe“ der Sonnschienhütte – schon fast abgeschrieben. Jetzt war wieder alles im Plan.

Weiter ging es über die Sackwiesenalm zum Sackwiesensee, wo die Motivation zum Schwimmen dank des Wetters und der angeblich vielen Blutegel eher dürftig war. Nach ein paar weiteren Minuten durch den Wald, erreichten wir kurz vor 15 Uhr die Sonnschienhütte auf 1526 m (welche wir vor einem halben Jahr mit Schneeschuhen besuchten). Diese hat etwas mehr Hüttenfeeling als das Schiestlhaus. Die Ruhe – es war fast nichts los – machte es außerdem noch extra gemütlich. Hier könnte man jetzt chillen! … oder man schaut noch einen Sprung auf den Ebenstein (2123 m). Meine Knie waren zwar schon am Ende, aber die zu erwartend gute Aussicht lockte doch ein bisschen mehr! Die Stöcke werden es schon richten.

In zwei Stunden sollte man am Gipfel sein, wir machten es in unter 1,5 Stunden. Die erste halbe Stunde geht man nur durch Latschen ohne nennenswerte Steigung, bis es dann immer steiler und steiler wird und man kurz vor dem Gipfel nur noch am blanken Fels geht. Da das Gipfelkreuz nicht am höchsten Punkt stand, sondern an der besten Aussichtsstelle (einige hundert Meter daneben), musste von Christoph, Rufus und Gernot natürlich der „echte“ Gipfel besucht werden. Matzi, Dominik und ich machten es uns jedoch am echten Gipfel gemütlich. Dieser Berg darf wahrlich als Panoramaberg bezeichnet werden: Vom Hochschwab-Hochplateau, wo wir hergekommen sind, bis weit über Eisenerz hinaus, reicht der Blick. Angeblich sieht man sogar den Dachstein. In weiter Entfernung der Schöckl im Süden, der Ötscher im Norden. Doch alles wird übertrumpft vom Ausblick auf die von Wäldern umgebene Almenwelt der Sonnschien. Jeder einzelne Baum wirkt wie ein Wächter dieser saftig, grünen Landschaft. Als i-Tüpferl taucht nur wenige Meter neben dem Gipfel wieder ein Gämse auf.

Nach dem Abstieg erwartet uns jetzt ein wohlverdientes Abendessen. Neben uns sind jetzt nur noch zwei andere Gäste zur Übernachtung geblieben. Der Gastraum ist groß und angenehm leer. Drinnen wird nun geschnapst (das Kartenspiel, den Enzianschnaps haben wir uns schon vorher gegönnt), während Gernot und ich draußen mit Kuhglockenläuten und den letzten wärmenden Lichtstrahlen den Sonnenuntergang feiern. Hier würde ich gerne noch länger bleiben. Die aufziehende Kälte lässt uns aber dann doch zurück in die Hütte gehen. Währenddessen wurde drinnen allerhand Hochschwab-Trivia aus den vielen Büchern aufgeschnappt. Zum Beispiel gab es im Sommer 1976 eine Material-Seilbahn von der Voisthaler-Hütte zum Schiestlhaus. Diese wurde jedoch gleich im ersten Winter vom Wetter zerstört. Apropros Voistahler. Dieser Name der lokalen Alpenvereins-Sektion brauchte viele Rätsel auf, da niemand von uns ein, eine oder einen „Voisthal“ kannte. Auf der ganzen Runde konnte uns niemand diese Frage beantworten – weder Sennerin noch Höhlenführer. Nicht einmal diese gescheiten Bücher. Ohne Internet war es dann natürlich unmöglich auf diese brennende Frage eine Antwort zu finden. Hier die Auflösung.

Tag 3 – Sonnschienhütte – Frauenmauerhöhle – Gsollkehre

Anekdote am Morgen: Eigentlich wollte ich zum Sonnenaufgang rausgehen. Das habe ich aber verschlafen. Als Rufus dann erwähnte, dass er „Sunrise Yoga mit Niklas“ verpasst hatte, teilte ich ihm mit, dass mein „Sun risen“ durch „Sun schei..“ (aka Morgendlicher Toilettengang) ersetzt wurde. 😀

Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, was von diesem Tag zu erwarten war. Kurz nach 8 Uhr brachen wir Richtung Frauenmauerhöhle auf, wo wir um 12 Uhr eine Führung gebucht hatten. Da wir für die Strecke wahrscheinlich keine vier Stunden brauchen werden, bot es sich gut an bei ein paar Hütten Rast einzulegen. Die heutige Tour hatte nur wenige Höhenmeter und war auch nicht besonders lang. Mehr zum „Ausgehen“ quasi. Gemütlich ging es großteils durch Wald und über Almwiesen an Kühen vorbei und nach einer Stunde erreichten wir die Androth-Alm wo die Sennerin wusste, wie unser Durst zu löschen war. Nach der Pause ging es weiter zur Pfaffing-Alm, nur eine halbe Stunde Gehzeit entfernt. Dort stieg das erste Volksfest des Tages.

Sigi, der Senner, war ein richtiges Original. Man weiß, dass jemand aus der Region kommt, wann man mit der Frage „Grün oder Blau?“ begrüßt wird. Zusätzlich teilte er uns mit, dass wir „sicher auch gerne einen Beistrich dazu möchten“ (=Schnaps). Keine Sekunde später kam er auch schon mit dem „Tankwagen“ (=Schnapsflasche) daher und schenkte uns ein. Ein zünftiger Trinkspruch dazu und leer war das Stamperl.

Im Gespräch kam dann auf, dass Dominik gerade Harmonika lernt und als Sigi das hörte, holte er gleiche seine „zweite Frau“ aus der Hütte. Bevor Dominik zu spielen beginnen konnte, war auch schon die zweite Runde Beistrich eingeschenkt. Bald darauf folgte die zweite Runde Bier. Die Stimmung wurde perfekt, als Dominik und Sigi sich beim Spielen abwechselten. Zwischendurch trug er uns dann noch ein paar Lebensweisheiten in Form eines selbst geschriebenen Gedichtes vor. Es wurde bald 11 Uhr und Sigi machte sich bereit für das Halter-Treffen auf der Androth-Alm. Seine Harmonika kam in einen Koffer, den er schnurstraxx an seiner „Buckl-Kraxn“ befestigte. Bevor er aufbrach, gab es aber noch einen Schnaps „gegen die Angst“ in der Höhle, die uns als Nächstes erwartete. Man glaubt es kaum, aber diese zwei Absätze passierten nur zwischen 10:15 und 11:15.

Mit einem leichten Damenspitzerl ging es dann weiter zur Höhle. Die vielen Beistriche hatten in Dominik den Turbo aktiviert: Schnellen Schrittes ging er nun voraus, so dass wir pünktlich um 12 Uhr beim Osteingang der Frauenmauerhöhle eintrafen. Diese 600 Meter lange Höhle ist eine Abkürzung nach Eisenerz zur Gsollkehre und sollte NUR mit Führer begangen werden. Wir jausnen vorm Eingang, als plötzlich Licht aus der Höhle kam. Albert, unser Führer, war da. Helm wird keiner benötigt, jedoch sollte man selbst eine Taschen- oder Stirnlampe mitbringen. Für uns sechs Leute kostete die Privatführung übrigens ca. 80 Euro.

Während der Führung kamen wir gut mit Albert uns Gespräch. Ohne Führer kann man sich übrigens wirklich verlaufen, wenn man nicht genau aufpasst. Er erzählte uns, dass nur alle 10.000 Jahre Steine in der Höhle abbrechen, es aber auch vor 13 Jahren passiert es, von Kaiserin Sissi, welche einen Besuch abstattete und von Urlaubern, die nachdem sie sich verlaufen hatten in der Höhle erfroren. Am Ende lud uns Albert noch zum Adlerhorst auf „eins“ ein. Es war richtig gemütlich und schnell fand Dominik in Albert einen guten Zuhörer für seine Geschichten. Am Vortrag haben wir Dominik schon Nahe gelegt, er solle doch ein Buch über seine Erzählungen veröffentlichen. Titel: „I glab i hob ma an schaß gwunschn – 25 Kurzgeschichten die ich irgendwo aufgegriffen habe“.

Aus der einen Runde, wurde bald eine Zweite und Dritte. Obwohl es sehr gemütlich war, mussten wir schön langsam aufbrechen um unseren Bus zu erreichen. Bei der Gsollhütte nur unweit des Westeingangs der Höhle angekommen, hatten Dominik, Matzi und Albert noch nicht genug und blieben noch auf „eins“ bei der Hütte. Der Rest der Bande begab sich zur Gsollkehre, wo wir dann mit dem Bus nach Leoben die Heimreise antraten.

Voll digital-detoxed wollte ich nach drei Tagen ohne Internet, nicht einmal den Flugmodus deaktivieren. Ich freue mich auf ein wiedersehen mit dem Hochschwab!

Erkenntnisse

  • Dominik heißt jetzt Gehringer mit Nachnamen und er hat seinen Nachnamen auf Google+ noch nicht geändert!!
  • Abkürzungen (=Umwege) muss man bei Schlechtwetter nicht erzwingen!
  • Auch Almhütten können extra alternativ sein
  • Grün oder Blau = Gösser oder Puntigamer
  • Know the difference: Androth-Alm vs Android-Alm
  • Beistrich = Schnaps, Tankwagen = Schnapsflasche
  • Wer eine originale Alm will, geht auf die Pfaffing
  • Enzianschnaps trinkt man für die Experience, nicht für den Geschmack. Außerdem reinigt er von innen.
  • Die Frauenmauerhöhle ist nicht nur wegen der Höhle einen Besuch wert
  • „Auf der Alm, da kannst du sorglos lieben, weil jeden Herbst wird abgetrieben“ – unbekannt
  • „Ich gehe nicht laufen, ich generiere Content“ – Matzi über seine Motivation zum Laufsport und daraus resultierende Einträge auf Social Media Plattformen
  • Wikipedia ist ein kleiner Auszug des Hochschwab-Buches (welches jegliche geschichtsträchtige Information beinhaltet)
  • Man kommt erstaunlich gut mit Öffis in den Hochschwab und wieder zurück
  • Keine Hände mussten gebrochen werden, meine Knie haben uns „gerettet“

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