Triglav: Auf das Dach von Slowenien

Eigentlich hätte diese Wanderung schon vor zwei Jahren stattfinden sollen. Da damals das Wetter nicht mitspielte und wir unsere jährliche CDH07-Wanderung durch einen Ausflug nach Prag ersetzten, musste der Triglav natürlich nachgeholt werden. Nun haben wir im Zuge einer erstmaligen „CDH07-Special-Edition-Wanderung“ (=eine zweite Wanderung nach dem Hochschwab), den 2864 Meter hohen Berg in Angriff genommen!

Wir wissen nicht mehr ganz genau, warum wir eigentlich auf den Triglav gehen wollten, aber irgendwie wurde er in den letzten Jahren unser Ziel. Vielleicht weil er für mich und Christoph der bis dato höchste, selbst-bestiegene Berg sein wird. Oder weil er der höchste Berg Sloweniens – dem Land, in dem wir so gerne weitwandern – ist. Oder weil er einer der südlichsten Berge mit „Gletscher“ in den Ostalpen ist und beim Aufstieg schon ein leichter mediterraner Flair spürbar ist. Oder wegen der großen Aufstiegshöhe von 1900 Metern. Oder auch weil ich den Berg vor drei Jahren vom Gipfel des Mittagskogel aus so prominent gesehen haben. Oder … ich könnte hier wahrscheinlich noch einige Gründe aufzählen. Der Reiz kommt sicher aus einer Kombination der oben genannten Liste und die Schönheit des Berges und des umliegenden Nationalparks sind dann noch das Tüpferl auf dem i.

Schon vor zwei Jahren hatten wir die Übernachtung auf dem Triglavhaus reserviert und auch schon damals wussten wir, dass der Berg und die Hütte extrem überlaufen sind. Daher planten wir die Tour von Donnerstag auf Freitag durchzuführen. Beim Wetter hatten wir diesmal extremes Glück: Zwei perfekte Tage sollten uns erwarten! Mit dabei sind übrigens Christoph, Matzi, Rufus und ich.

Die Anreise ging – auch im Corona-Jahr – problemlos ohne Kontrolle über den Wurzenpass. Nachdem wir kurz die Skisprungschanzen in Planica besuchten, ging es am späten Abend ins Vratatal zu unserem Stützpunkt, dem Aljažev Dom (benannt nach dem örtlichen Pfarrer, welcher dieses Haus und den Biwak auf dem Triglav-Gipfel vor über 100 Jahren erbauen ließ).


Der Aljažev Dom. Im Hintergrund der Triglav.

Zur Hütte geht man vom Parkplatz fünf Minuten durch den Wald, bis dieser sich lichtet und den Blick auf die gewaltige 1500 Meter hohe Nordwand sowie die Gletscherreste preisgibt. Wie so oft fragt man sich wo bei diesen steilen Wänden bitte ein “normaler” Weg hinaufgehen soll. Wobei unsere Route ja kein normaler Weg, sondern ein “einfacher” Klettersteig zum Gipfel ist. Nach Gulasch, Krainer, Bier (bzw. Radler 😉 ) und Schnapsen ging es dann in die Nachtruhe.

Tag 1

Frühstück gab es offiziell erst um 7 Uhr, doch schon eine Stunde vorher (und wahrscheinlich schon noch viel früher), herrschte reges Treiben vor der Hütte. Dies ist nicht weiter verwunderlich wenn man ein paar “Stockwerke” höher zum Gipfel schaut: Wolkenloser Himmel, die Nordwände im Schatten und der Gipfelbereich hell erleuchtet vom Sonnenaufgang. Unglaublich schön, unglaublich fesselnd! Ich befreie mich und laufe zurück ins Zimmer – wo der Rest der Gruppe noch schläft – und schreie: “Ihr müsst euch das ansehen!”. Doch meine Motivation schwappte nicht wirklich auf die anderen über. Es sollte nicht der einzige verpasste Sonnenaufgang sein.


Sonnenaufgang am Berg

Nach einem ausgiebigen Frühstück wurde dann um 0750 die Abmarschbereitschaft hergestellt. Die heutigen Tagesziele sind der Gipfel, sowie der Abstieg zum Triglavhaus. Am nächsten Morgen geht es dann wieder ins Tal.

Fünf Minuten geht es gemütlich dahin, bis ein riesiger Karabiner den Weg teilt: Rechts geht es zum Prager (Klettersteig A/B) und Bamberger Weg (Klettersteig C). Links zum Tominškova Pot (Klettersteig A/B), wohin unser Weg weiterführt. Jetzt ist das kurze Flachstück vorbei und es geht steil und immer steiler durch den Wald hinauf. Es gibt wenige Berge, auf welchen man mit so wenigen flachen “Leermetern” zum Gipfel gelangt. Etwas über 1700 Meter Seehöhe beginnen dann die Versicherungen. Wo hier genau der “Klettersteig” beginnt, ist nicht so einfach zu definieren, da der Weg nicht durchgehend versichert ist. Bei uns daheim würde man das eher einen versicherten Steig nennen. Generell ist ein Klettersteigset aber eine gute Idee, da der Weg schon oft sehr ausgesetzt ist. Einen Helm sollte man auf jeden Fall tragen, auch wenn einem alle möglichen Gestalten wie Halbschuhwanderer ohne Rucksack über den Weg laufen. 


Tominškova Pot Klettersteig

Da der Steig auch im Abstieg gemacht werden kann, muss man oft ausweichen oder warten bis man eine Gruppe überholen kann. Generell ist der Weg aber auch an heißen Tagen relativ angenehm zu gehen, da man mehr als 1000 Höhenmeter lang im Schatten der Nordwand gehen kann. Erst auf ca. 2200 m und nach 2:30 Stunden, wo der Steig endet und der Pragweg dazukommt, erreicht man das obere Plateau. Ab hier ist es bei weitem nicht mehr so steil, dafür aber durchgehend sonnig.


Aussicht am Plateau mit Blick auf das Valentina Staniča Haus

Das Triglavhaus (2515 m) ist nur mehr eine Stunde entfernt. Rufus ist nach vorne abgerissen und macht sich schon mal einen Eindruck von der größten Schutzhütte Sloweniens. Schon relativ erschöpft legen wir 15 Minuten vor der Hütte noch eine Pause ein. Nach einigen Minuten sehen wir neben den vielen hinaufgehenden Wanderern auch einen langen neongelben Strich, welcher schnellen Schrittes den Steig runterhüpft. Rufus kommt von seiner Erkundungstour zurück. Wieder vereint geht es dann aber weiter zur Mittagspause auf der Hütte.


Mittagspause beim Triglavhaus. Alle Tische waren besetzt.

Während der letzten Stunde haben wir immer schon den Gipfelgrat beobachtet. Neben den aufziehenden Wolken von Süden lassen uns die fast durchgehenden Menschenmassen unsere Pause verlängern. Es ist erst kurz nach Mittag, daher haben wir genug Zeit.

Es ist schon fast bedenklich wie überlaufen der Gipfelklettersteig selbst an einem Donnerstag ist. Da er der Normalweg ist, beim Triglavhaus mehrere andere Wege zusammenkommen und man den Klettersteig im Auf- und Abstieg nehmen muss, geht es leider nicht anders.


Triglavhaus mit Triglavgipfel

Gegen 15 Uhr brechen wir dann aber zu den letzten 350 Höhenmetern auf. Das Gelände wird wieder steil und ausgesetzt. Die Versicherungen sind besser als beim Tominškova Pot, doch das viele Ausweichen braucht viel Zeit und Aufmerksamkeit. Zusätzlich merkt man auch schon die Höhe und die Länge der Tour: Die Schritte werden immer anstrengender. Nach dem größten Aufschwung zum Mali Triglav (2725 m) geht es einen flacheren Grat entlang Richtung Gipfel. Hier geht es auf beiden Seiten steil bergab. Rechts die Gletscher, links drückt es die Wolken immer noch herauf. Richtung Süden gibt es also leider keine Sicht.

Nur noch ein Aufschwung zum Gipfel. Der Fels ist teilweise schon extrem glatt poliert oder geröllig und es gibt auch nicht bei allen ausgesetzten Stellen eine Versicherung. Man muss wirklich bei jedem Schritt aufpassen. Habe ich schon erwähnt, dass man immer wieder auf den Gegenverkehr warten bzw. achten muss?


Gipfelgrat. Links unten das Triglavhaus.

Dann, nach 4:45 Stunden reiner Gehzeit, erreichen wir den bekannten “Aljažev Stolp” Biwak, welcher den Gipfel markiert. Geschafft! Hier auf fast 2900 Metern herrscht regelrechte Partystimmung. Jeder freut sich über den Gipfelsieg. Immerhin will jeder slowenische Bergsteiger einmal im Leben hier herauf. Auch wir fühlen uns jetzt wie richtige Slowenen und fragen uns schon wo wir hier heroben unseren slowenischen Pass ausgestellt bekommen. Zurück zur Partystimmung: Auf dem Gipfel wird Bier (für 7 Euro, Cola um 5 Euro) verkauft. Ich passe jedoch, da ich den Klettersteig zurück zur Hütte noch gut überstehen will. Spartipp: Dosenbier im Triglavhaus für 4,5 Euro kaufen und selbst mitnehmen!


Am Gipfel vor dem Aljažev Biwak

Der Gipfel bietet ein unglaubliches Panorama: Vom Großglockner über den Mittagskogel bis sogar zum Meer soll man sehen. Leider nur theoretisch, da uns Wolken die meiste Aussicht nehmen.  

Um 17 Uhr ging es dann wieder bergab, diesmal mit merklich weniger Gegenverkehr. Eine Stunde später waren wir dann wieder beim Triglavhaus. Kurz davor ist uns noch eine “Lasko”-Gämse über den Weg gelaufen. Die hier lebenden Tiere sind überhaupt nicht scheu und bleiben von vorbeigehenden Wanderern fast unbeeindruckt.

Vor dem Triglavhaus genießen wir nun noch die letzten Sonnenstrahlen, bevor sie genau über dem Gipfel verschwinden. Maske auf und ab zum Check-In und Abendessen ins Getümmel in der Hütte. Bis zu 300 Leute können hier übernachten, zum Glück haben wir unser eigenes (Mini-)Zimmer. Eine unglaubliche Massenabfertigung herrscht beim Abendessen, immerhin schmeckt es.

Dann um ca. 19:30 zeigt sich die Sonne noch einmal! Alle Wolken haben sich verzogen und es ist angerichtet für einen perfekt kitschigen Sonnenuntergang. Für 2500 m ist es übrigens immer noch angenehm warm. Man spürt den Süden. Dann verschwindet die Sonne bis sie in zehn Stunden auf der anderen Seite wieder den Tag eröffnen wird!


Tag 2

Tagwache 0550. Eigentlich ist die Hütte schon weit vor 5 Uhr erwacht, weil sich viele den Sonnenaufgang am Gipfel nicht entgehen lassen wollen. Eine Win-Win-Situation: Kein Stau beim Aufstieg und den besten Sonnenaufgang den man sich vorstellen kann!

Diese Motivation hatte ich leider nicht. Aber auch der Sonnenaufgang neben der Hütte kann sich sehen lassen. Die anderen Schlafmützen wollten leider auch heute nicht früh aufstehen. Vor der Hütte sind schon viele Menschen unterwegs und suchen die optimalen Spot. Am Gipfel – sieht man – ist man auch schon unter guter Gesellschaft.

Um 06:04 beginnt das Naturschauspiel und der Millionen Kilometer entfernte Feuerball beginnt sich über den Karawanken zu erheben. Nach vier Minuten sind der gesamte Gipfelbereich und alle Berge am Horizont, wie dem Großglockner, rot erleuchtet. Es ist schon angenehm warm und kein Wind ist zu spüren. Still feiert jeder Zuseher diesen Moment.

Zurück in der Hütte heißt es die anderen aufzuwecken, zusammenzupacken, frühstücken und Abmarschbereitschaft herzustellen. Wie am Tag davor gehen wir um 07:50 los. Hinunter geht es über den Dom Valentina Staniča und weiter über den Prager Weg ins Tal. Nach 30 Minuten erreicht man über einen teils versicherten Steig diese zweite Hütte, die eine Alternative für die Übernachtung gewesen wäre und wahrscheinlich weit weniger überlaufen ist.

Es geht immer weiter hinunter und irgendwann sieht Rufus dann eine (laut unseren Regeln illegale) Abkürzung über ein Geröllfeld. 5 Sekunden später läuft er auch schon dort hinunter. Es sollte das letzte Mal sein, dass wir ihn lebend sehen… bis er uns zwei Stunden später im Tal wieder entgegenkommt.

Der Rest der Gruppe ging den Weg normal bergab. Dieser ist oft geröllig und unangenehm zu gehen. Man braucht das Klettersteigset bis auf eine 15-Meter-Wand überhaupt nicht. Ein Helm ist wieder unbedingt erforderlich. Christoph, welcher sein Klettersteigset auch bei der Wand nicht anlegte, erwähnte hier passend “er gleiche seine Unerfahrenheit mit erhöhter Risikobereitschaft aus” 😀


Die 15-Meter-Wand

Am Ende kommt man bei der Quelle der Bistrica wieder ins Tal, wo man sich wohlverdient abkühlen kann. Gemeinsam (inkl. dem lebenden Rufus) ging es dann eine weitere halbe Stunde zurück zum Parkplatz, welcher heute gesteckt voll war.

Wieder haben wir die Tour verletzungsfrei bzw. blasenfrei überstanden! Auf der Heimweg gönnten wir uns dann noch eine Abkühlung im Wörthersee.

Erkenntnisse & Tipps

  • Wenn es irgendwie möglich ist, die Tour nicht am Wochenende gehen! Dann kann der Gipfelbereich zur Qual werden.
  • Früh genug (3 Woche vorher) das Triglavhaus reservieren oder auf eine der anderen Hütten ausweichen
  • Helm unbedingt mitnehmen, Klettersteigset ist für einige Passagen empfehlenswert
  • Den Knien zuliebe die Tour auf zwei Tage aufteilen
  • Beim gebührenpflichtigen Parkplatz im Vratatal gibt es keinen Parkautomat. Wenn man spät Abends kommt und der Parkwächter schon weg ist, kann man kostenlos parken.
  • Bier günstiger auf der Hütte kaufen und mit auf den Gipfel nehmen.
  • Sonnenaufgänge und -untergänge nicht verpassen 🙂

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