Tiefschnee am Rennfeld

Noch nie war ich im Winter so oft wandern wie heuer. Das liegt unter anderem auch an meiner Schwester Pamina, die immer schon die nächste Tour vor Augen hat und mich dann manchmal mitnimmt.

So war vor wenigen Wochen das Rennfeld (1629 m) an der Reihe. Auf den ersten Blick nicht sehr hoch, aber vom Tal aus sind doch über 1100 Höhenmeter zu bewältigen. Ob man Schneeschuhe benötigt? Pamina war schon das Wochenende zuvor oben und hat gemeint es sei alles “schön ausgetreten”. Na gut. Dass es die letzten Tage jedoch geschneit hat, haben wir gekonnt ausgeblendet.

Gestartet wurde dann von Gebraun (Pernegg) aus und es ging gleich von Anfang an für mich zur Sache. Es war steil, aber das Hauptproblem für mich waren – nicht zu ersten Mal in diesem Winter – meine Wanderschuhe: Im Sommer haben sie super Grip, im Winter sind sie jedoch zu hart und das Profil ist auch nicht das Beste. Kurz gesagt: Ich rutsche ständig. Die Stöcke machen es zwar erträglich, aber wenn es neben einem steil bergab geht, muss man bei jedem Schritt doppelt fokussiert sein.

Meist geht es jedoch gut voran: Pamina schafft es wie üblich unglaublich schnell zu gehen und hat dabei noch genug Luft um mir etwas zu erzählen. Ich versuche dann immer den Abstand so gering zu halten, dass ich sie gerade noch verstehe und manchmal gelingt es mir auch noch mit “mhm” zu antworten.

Das Wetter könnte nicht besser sein: Kein Wind, leichter Schneefall und nicht selten blitzt die Sonne zwischen den Wolken durch. Außerdem sind es nur mehr 200 Höhenmeter zum Gipfel! Jetzt gleich über die Kuppe und danach nur noch gemütlich „fertiggehen“.

Doch ab diesem Moment ist der Berg plötzlich wie ausgewechselt: Aus dem leichten Schneefall wird ein Schneesturm und der Weg ist komplett verweht. Auch wenn Pamina den Weg kennt, macht der teilweise mehr als knietiefe Schnee des vorankommen mühsam. Im offenen Gelände ohne Bäume ist jeder Schritt unberechenbar: Wie tief sinkt man ein? Den richtigen Weg zu finden ist jetzt auch nicht mehr so einfach wie gedacht. Meter für Meter geht es nach oben. Der letzte Übergang kommt näher. Wir könnten gerade ebenso auf dem K2 unterwegs sein. Keine anderen Wanderer sind in Sicht, der Weg ist zum Glück ab und zu wieder auf Bäumen markiert.

Auf der nächsten Kuppe angekommen schützt uns der Wald wieder vor dem Wind. Nach weiteren zehn Minuten im flachen Tiefschnee erreichen wir das Gipfelkreuz. Geschafft! Doch hier hat der Wind die Vormacht und nur Sekunden später geht es darum wieder zurück in den geschützten Wald für die verdiente Stärkung.

Bergab gebe nun ich das Tempo vor: Mit meinen Schuhen gleite ich fast wie auf Skiern den Weg hinunter. Im steileren unteren Bereich ist jedoch wieder Vorsicht gefragt. Am Ende kommen wir jedoch wieder gut ins Tal.

Auf dem Heimweg frage ich mich erschöpft, ob Pamina („also ich spüre eigentlich nichts“) wohl schon wieder die nächste Tour im Kopf hat. Fad wird sie sicher nicht werden.

Die Geschichte wurde auch auf Story.one veröffentlicht.


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