Zu Fuß quer über die Insel Elba

Die beste Art Urlaub zu verbringen, ist für mich das Wandern. Umso besser, wenn man das auch noch mit etwas Entspannung am Meer verbinden kann. Und weil Inseln hier immer einen besonderen Reiz haben, ging es für Tanja und mich heuer auf die drittgrößte Insel Italiens, welche zwischen Korsika und dem italienischen Festland liegt: Elba.

Wie die meisten, kenne ich die Insel bisher nur als Verbannungsort Napoleons, nicht aber als Wanderparadies. Als ich gelesen habe, dass es hier den Weitwanderweg GTE („Grande Traversata Elbana“) gibt, welcher in drei Tagen gut bewältigbar ist, musste ich dort unbedingt hin! Da es im Süden im Sommer sowieso viel zu heiß zum Wandern ist (was uns in den letzten Jahren aber natürlich trotzdem nicht davon abgehalten hat…) und die Vorsaison bis auf die Wassertemperatur des Meeres eigentlich nur Vorteile hat (weniger Leute auf der Insel, günstigere Hotels, trotzdem angenehme Temperaturen…) begaben wir uns Anfang Mai auf die Insel! 

Anreise

Weil ich nicht 10 Stunden bzw. 850 km mit dem Auto von Graz aus quer durch Italien fahren wollte, wählten wir die umweltfreundliche Anreise mit dem Nachtzug. Als Besitzer des KlimaTickets Österreich bekommt man auch für die Nachtreisezüge im Ausland günstigere Tickets (80€/Person/Richtung im Liegewagen für Bruck/Mur nach Livorno). In Livorno steigt man dann für weitere 1,5-2 Stunden in einen Zug nach Piombino um. Danach geht es in einer Stunde mit der Fähre nach Portoferraio und zum Abschluss nochmal mit dem Bus 1,5 Stunden quer über die Insel zum Startort Pomonte.

Da für uns die Anreise Zug-Zug-Nachtzug-Zug-Fähre-Bus war und jede Teilstrecke Verspätungen aufweisen konnte (z.B. war unser Nachtzug eine Stunde verspätet), sollte man auf jeden Fall Pläne B und C vorbereiten, wenn man einen Anschluss versäumt.

Ankunft in Pomonte

Allgemeine Wanderreiseplanung

Beim Wandern kann man entweder sein gesamtes Zeug immer und überall hinschleppen, oder man wählt die gemütliche Variante und lässt das meiste Gepäck mit einem Taxi von einem Hotel zum nächsten bringen.

Da die Insel überschaubar ist, wäre es eine Möglichkeit gewesen ein einziges Quartier zu buchen und am Start bzw. Ende jeder der drei Etappen von einem Taxi hingebracht bzw. abgeholt zu werden. Da sich das irgendwie für eine Wanderung quer über die Insel falsch anfühlt, haben wir uns entschieden, jeden Tag am Zielort zu übernachten und eben das Gepäck von einem Hotel ins nächste bringen zu lassen.

Zusätzlich planten wir noch einen Erholungstag ein, um auch etwas entspannen zu können. Der Plan war daher:

  • Tag 0: Anreise nach Pomonte und Übernachtung im Hotel Corallo
  • Tag 1: Pomonte – Procchio, Übernachtung im Hotel Monnalisa und Gepäckstransport durch Hotel Corallo
  • Tag 2: Procchio – Portoferraio, Übernachtung im Hotel Fabricia und Gepäckstransport durch Taxi Elba Servizi
  • Tag 3: Portoferraio – Portoferraio und wieder Übernachtung im Hotel Fabricia

Wie man am obigen Plan sieht, haben wir das letzte Stück nach Cavo ausgelassen, weil es uns sonst zu lang geworden wäre und der Transport von Portoferraio nach Cavo teuer, lang und/oder umständlich gewesen wäre. Außerdem bleibt so noch etwas für den nächsten Trip nach Elba übrig 🙂

Tag 1: Königsetappe über den Monte Capanne

Im Westen der Insel befinden sich die höheren Gipfel der Insel. So auch der Monte Capanne (1019 m), der höchste Berg der Insel. Als Bergfex muss man diesen Berg natürlich mitnehmen und zum Glück war er auch Teil der Route. Dass die Etappe mit 16 km und 1200 Höhenmetern anstrengend werden wird war klar. Zusätzlich war der Weg auch noch als „sehr schwierig“ eingestuft. Da diverse Berichte aber nur von „den letzten Metern zum Gipfel“ sprachen, denken wir uns auch nichts dabei. Durch unsere Klettersteigerfahrung sind wir sowieso schon einiges gewohnt.

Kurz nach dem Start in Pomonte

Von Pomonte aus, startet direkt im Ort der Wanderweg, welcher bald zum GTE Nord dazustoßen wird. Weiter südlich gibt es auch einen „GTE Süd“, welcher aber erst kurz nach dem Monte Capanne mit der Nordvariante zum allgemeinen GTE vereint wird.

Vorbei an vielen Blumen und Kakteen machen wir gleich zu Beginn einige Höhenmeter. Die Sonne lacht fast ungetrübt vom Himmel und es hat den ganzen Tag von Beginn an angenehme 20°. Das Dorf Pomonte wird immer kleiner, aber die Aussicht auf die umliegende Bergwelt und vor allem das Meer und die umliegenden Insel wie Korsika oder Montecristo immer besser.

Andere Wanderer begegnen uns fast nie, dafür laufen immer wieder kleine Eidechsen vor unseren Füßen herum, welche sich offensichtlich auf den Steinen der Wanderwege sonnen. Tanja hört bei ca. 40 Stück auf zu zählen. Es sind zu viele.

Der Weg ist fast durchgängig sehr gut markiert und die Zeitangaben meist realistisch. Fast die ganze Zeit haben wir den Monte Capanne, mit seinem mit Antennen und Seilbahn verbauten Gipfelbereich, im Blick. Wir kommen immer näher!

Ab hier nur mit Klettersteigausrüstung!

Nach ca. 2:30 Stunden haben wir es schon auf fast 900 Höhenmeter geschafft und der Gipfel liegt zum Greifen nah! Nun kann man entweder den Gipfelbereich umgehen, oder diesen über den Weg Nr. 100 in einer Stunde erklimmen. Bei diesem Weg Nr. 100 wird allerdings darauf hingewiesen, dass er „nur für geübte Bergsteiger“ ist. Das kennen wir aus Österreich natürlich auch und natürlich gehen wir hier auch weiter. Nach fünf weiteren Minuten beginnt eine Seilversicherung mit einem Schild, dass man ein Klettersteigset benutzen soll. Nur für „die letzten paar Meter“ wollten wir das aber nicht mitnehmen. So schlimm kann es ja nicht sein.

Nach der ersten flachen Seilversicherung folgt dann eine relativ steile Passage, wo das Seil nicht nur zur Sicherung dient, sondern man schon richtig anpacken muss um rauf zu kommen. Dann befinden wir uns auf einem Nebengipfel, wo es gleich wieder einige Meter – wieder am Seil – bergab geht. Das Spiel wiederholt sich noch ein paar Mal: rauf, runter, rauf, runter. Einmal verlaufen wir uns etwas, finden aber bald wieder zurück. Noch einmal rauf und die letzten Kraftreserven auspacken… geschafft!

Kletterpassagen

Inklusive Umweg haben wir dann für diesen Abschnitt 1:20 Stunden benötigt und auch sehr viele Kraftreserven sind dabei drauf gegangen. Technisch war es wahrscheinlich nur Schwierigkeit B (in der Klettersteigskala von A bis E), aber die Kletterpassagen waren doch etwas mehr und länger als erwartet.

Am Gipfel stellte ich dann auch etwas besorgt fest, dass ich nur mehr relativ wenig zu trinken hatte, aber erst 7 von 16 km geschafft waren. Auf das Gipfelcafe neben der extrem interessanten Seilbahn können wir auch nicht zählen. Das war – wie nicht unüblich bei unseren Wanderungen – geschlossen und bis zum Ende des Tages wird es keine weitere Trinkmöglichkeit mehr geben. Zumindest die Aussicht vom „Top of Elba“ ist nicht zu überbieten!

Seilbahn auf den Monte Capanne

Zusätzlich sehen wir aber auch noch von Norden ein Gewitter über die Insel aufziehen. Viele Zeichen deuten also auf Abbruch, doch da Tanja noch motiviert ist, lasse ich mich von ihr anstecken und wir gehen weiter. Bergab braucht man eh nicht so viel Wasser. Dann wird halt etwas rationiert.

Auf dem Weg hinunter kommt der Regen, schneller als gedacht, noch während wir am Stahlseil sind. Gleich ist der letzte „alpine“ Teil geschafft und es geht ab in den Wald. Wir ziehen unsere Regenjacken an und gehen weiter. Nur wenige Minuten später ist alles aber schon wieder vorbei und die Sonne kommt wieder heraus. Glück gehabt!

Es geht nun zügig weiter auf einem mit Schildern versehenen Schmetterlingsweg bis zum Monte Perone, wo gefühlt alle Rastbänke und -tische der ganzen Insel versammelt sind. Gute Rastplätze sind auf dem Weg leider noch rar gesät.

Nach dem Monte Perone geht es steil bergab und die Vegetation ändert sich wieder: Vom trockenen Start, über das hochalpine Mittelstück und dem darauffolgendem Waldstück, folgt nun ein dschungelartiger Abschnitt.

Nun ist es nicht mehr weit: Nach einigen gemütlichen Metern über einen Forstweg, trennen wir uns für heute vom GTE und gehen eine Abkürzung nach Procchio. Plötzlich, auf den letzten Metern durch den Wald, tauchen auf einmal zwei Wildschweine mitten auf dem Weg vor uns auf. Ich denke, ich sehe nicht richtig. Noch nie habe ich solche Tiere in freier Wildbahn gesehen. Geschweige denn nur 50 Meter entfernt und dort wo wir hingehen wollen! Von Rehen wusste ich, dass sie scheu sind und weglaufen würden. Bei Wildschweinen war das anders. Sind sie aggressiv? Sind eventuell Jungtiere in der Nähe? Laufen sie vielleicht doch einfach weg?

Zum Glück sind sie dann kurzerhand im Wald verschwunden. Vorsichtig, aber schnellen Schrittes, gehen wir weiter und erreichen wenige Minuten später nach insgesamt 6:50 Stunden unser Hotel, wo unser Gepäck auch schon auf uns wartet. Wir sind erschöpft, aber auch stolz und freuen uns schon auf das Essen und vor allem wieder genug zu trinken!

Tag 2: Gemütlich durch die hügelige Inselmitte

Nach dem gestrigen Tag geht es heute zwar über eine ähnliche Distanz, jedoch mit viel weniger Höhenmetern und technisch auch relativ einfach.

Anfangs starten wir von Procchio etwas unangenehm entlang der Hauptstraße, bis wir bald zurück zum eigentlichen GTE kommen und links in eine kleine Ortschaft einbiegen.

Rückblick auf den Monte Capanne

Gleich darauf teilen sich meine GPS Route und die echte Wegmarkierung, was ich blöderweise ignoriere und der GPS Route folge. Fünf Minuten später steht auf einmal schon wieder ein Wildschwein auf der Straße! Es steht direkt bei einem Haus und wird von einer Bewohnerin gefüttert. Trotzdem ist es sicher ein Wildschwein und kein Haustier. Die Bewohnerin schreit dann auf Englisch: „This is the wrong way, you have to go back! … and don’t be afraid, it doesn’t do anything.“ Sie erkennt, dass wir schon wieder wie angewurzelt dastehen. Aber gut, dass wir hier nicht weitergehen müssen.

Zurück am richtigen Weg, kommen wir bald in einen Wald hinein, wo Ruinen von Häusern eine alte Siedlung markieren. Nun steigt man einen groben Weg immer weiter den Hügel hinauf. Auch wenn die Lufttemperatur nur knapp über 20°C ist, kommt man in der Sonne gut ins Schwitzen!

Dann kommt der Steig zu einem Weg dazu und uns eröffnet sich eine Aussicht auf den Monte Capanne und ins Tal. Kurze Zeit später biegen wir rechts vom Weg in einen kleinen Wanderweg ein, welcher auf einem hügeligen Grat zum Gipfel des kleinen Monte San Martino (370 m) führt. Kurz davor ist der Weg von einem dichtigen Wald in eine breite Brandschneise übergegangen. Diese gehen wir nun ein längeres Stück entlang und durch die freie Sicht kann man schön die Insel überblicken.

Weg in der Brandschneise und Aussicht auf den Süden der Insel

Bei einer kurzen Pause in der Schneise etwas unterhalb des Gipfels erkennen wir, dass wir nicht die einzigen hier sind: Eine Gruppe Mountainbiker düst die Abfahrt hinab und zischt an uns vorbei.

Am Ende der Schneise wechselt der Weg auf eine Forststraße, wo es unspektakulär und leicht bergab bis zum Steinbruch „Valico Colle Reciso“ weitergeht. Seit einiger Zeit suchen wir den optimalen Rastplatz. Bänke sind aber nur sehr spärlich vorhanden sind und wir sind auch noch etwas wählerisch. Hier ist es aber laut und immer wieder staubig, daher schnell weiter! Meine Karten-App zeigt mir bald einen Brunnen an und wir hoffen hier pausieren zu können. Leider gibt es außer einer Aussicht auf Portoferraio nicht viel mehr hier. Die Quelle ist auch gerade etwas versiegt. Weiterkämpfen!

Dann endlich nach zehn weiteren Minuten und etwas bergauf findet sich ein nettes Platzerl und wir genießen die Aussicht, die Jause und die Zeit.

Mit frischen Kräften geht es noch kurz bergauf, bis wir erneut entlang einer Brandschneise und – den Spuren nach – einer beliebter Mountainbike-Strecke hinunter in ein schmales Tal gelangen, welches uns zurück in die Ziviliation nahe Aquabona führt. Hier überqueren wir die Hauptstraße, zweigen kurze Zeit später vom GTE ab und erreichen bald unsere Unterkunft für die nächsten drei Nächte: Das Hotel Fabricia. Glücklicherweise hat es auch unser Gepäck schon bis hierher geschafft!

Tag 3: „Cool Down“ in den östlichen Bergen

Nach einem Erholungstag ohne Wanderung starteten wir noch eine weitere Etappe bzw. eine Runde: Denn unser Ziel wird wieder das Hotel Fabricia sein.

Zu Beginn gehen wir zurück auf den GTE und folgen einem stetig steigenden Schotterweg entlang des zentralen Bergrückens der Insel. So hat man auch abwechselnd Aussichten Richtung Norden bzw. Portoferraio, aber auch in den Süden der Insel.

Wenig später sind wir auch schon mitten im Gebirge angekommen. Auf einem Felsen genießen Mufflons die Sonne und beobachten uns.

Blick Richtung Porto Azzuro

Dann erreichen wir ein pittoreskes Plätzchen mit etwas Wiese, einigen schattenspendenden Bäumen und einer wundervollen Aussicht nach Porto Azzuro. Ein perfektes Pausenplätzchen.

Nun würde der Weg entweder weiter hinauf, zum Cima del Monte (516 Meter), oder der Nordseite des Berges im Wald entlang direkt Richtung Fortezza del Volterraio, führen. Wir entscheiden uns für letzteres.

Fortezza del Volterraio
Hinab mit Blick auf Portoferraio

Aus dem Wald heraus ist dann auch schon der extrem steile Felsen, auf welchem diese berühmte Burgruine steht, vor uns. Wir bewundern das Bauwerk von unten, machen uns aber dann nicht die Mühe, den steilen Weg hinaufzusteigen.

Daher geht es für uns bergab Richtung Küste. Den Strand erreichen wir in einem kleinen Ort, wo wir uns in einem Restaurant ein Mittagessen sowie Schokoküchlein und Panna Cotta gönnen. Herrlich diese Vorsaison, wenn es überall so gemütlich zugeht und fast keine Plätze belegt sind.

Die letzten Meter wandern wir direkt am Strand entlang zurück zum Hotel.

Tags darauf verabschieden wir uns von Elba und treten die Rückreise mit Taxi, Fähre und Nachtzug an. Arrivederci!

Fazit & Erkenntnisse

Die Wandergruppe 🙂
  • 3 Tage wandern, ca. 50 Kilometer und 2400 Höhemeter
  • Anreise mit Öffis auf eine Insel für einen Wanderurlaub ist lang, aber möglich.
  • Gepäckstransporte für Koffer von Hotel zu Hotel sind empfehlenswert. Am besten direkt bei den Unterkünften selbst nachfragen um Kosten im Vergleich zu einem Taxi zu sparen.
  • Auf Elba ist immer mit Wildschweinen zu rechnen.
  • Die Vorsaison ist schön, weil wenig los ist, aber es haben auch nicht alle Hotels und Restaurants geöffnet.
  • Die Temperatur in der Vorsaison ist perfekt zum Wandern.

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