Seaside, baby – Einmal zu Fuß ans Meer

meer

Ursprünglich hatte ein gewisser Sebastian Hojas die glorreiche Idee einer 5 Tage andauernden Reise von Klagenfurt an die „österreichische“ Stadt am Meer, die Triest heißt. Zum Glück kamen wir aber noch zur Erkenntnis, dass 170km zu Fuß in 5 Tagen nicht bewältigbar sind.

Aus den 170km wurden 75km und aus Klagenfurt – Triest wurde Ilirska Bistrica – Izola: Eine wunderschöne Wanderung durch das grüne Slowenien. Auf die Reise begaben sie einige wackere Kameraden der ehemaligen CDH07: Christoph, Stefan, Rufus, Gernot und meine Wenigkeit. Die Zuordnung dieser fünf Personen zu den jeweiligen Backpacker-Typen dieser Seite sei jedem selbst überlassen.

Es sollte eine Wanderung voller Schweiß, Schmerzen, nicht Duschen, aber vor allem auch unzähligen Diskussionen über (Nicht-)Gott und die Welt werden…

Tag 1

Um ca. 7 Uhr überquerten wir die Grenze nach Slowenien. Vor dem Start in Ilirska Bistrica standen nur mehr 6 Stunden Zugfahrt.

1230: Ankunft im letzten größeren Dorf (>200 Einwohner) für die nächsten 50 Kilometer. Ab jetzt gab es nur mehr uns und die 14kg-Rucksäcke. Die ersten paar Meter hab ich mir gedacht: Wtf? Mit dem Ding am Buckl soll i jetzt so weit gehen? Aber man gewöhnt sich dran.

Die erste Etappe begann gemütlich leicht steigend durch ein schmales Tal auf einer asphaltierten Straße… bis auf einmal die Straße endete und der E6 (der Europäische Fernwanderweg, über den unsere Route verläuft) quasi so nach links zum steilen Hohlweg zeigte. Nach diesem ersten längeren Anstieg kamen wir aber gut bei unserem ersten Ziel in Pregarje an, wo uns die Einwohner vermutlich (wir verstanden kein Wort der Oma in ihrem tiefstem Urslowenisch) freundlich begrüßten. Kurz vor der 10km Marke führte uns dann eine einzige Markierung 2km lang auf den falschen Weg. Danach gönnten wir uns eine erste wohlverdiente Pause, zurück in Pregarje. Dem Friedhof sei dank konnten wir unsere Wasservorräte wieder auffüllen. Immerhin verbrauchten wir während dem Trip ca. 6 Liter Wasser/Tag exkl. anderer Flüssigkeiten 😉

Ein von Ilirska Bistrica kommendes Gewitter ließ uns dann unseren Weg fortsetzen. Ab jetzt ging es laut der Karte ja „nur mehr bergab“ 🙂 Das Gewitter zog zum Glück nicht in unsere Richtung, wir gingen jedoch bei den letzten fünf Kilometern an irgendeiner Kreuzung auch nicht in die richtige Richtung. So fanden wir uns dann (zum Glück hatten wir das Smartphone mit GPS und Karte dabei) auf einmal auf dem komplett falschen Weg. Da wir auch nicht genau wussten wo wir falsch gegangen sind, gingen wir querfeldein durch einen immer dichter und steiler werdenden Wald – mit dem 14kg-Rucksack nicht ganz so lustig – und als ich schon fast die Hoffnung aufgegeben habe, waren wir plötzlich wieder auf der richtigen Straße 🙂

Nach diesem bereits zweiten Abstecher, die beide einige Zeit aber mir vor allem Nerven und Kräfte raubten, war ich einmal fix und fertig. Das Tagesziel schon fast vor Augen (nur mehr 3km entfernt), hatte ich plötzlich das Gefühl, dass nichts mehr geht… Doch irgendwie schaffte ich es noch bis zum einzigen Ort mit einem Gasthaus. Auf der gleichen Strecke zeigten sich auch bei Stefan erste „Verzögerungserscheinungen“. Diese sollten sich in Zukunft noch häufen…

Beim Gasthaus brachte ich nicht einmal eine ganze Portion Pommes runter. Ich war einfach nur geschlaucht, fertig, tot. Doch der Rest der Meute brachte mich doch noch dazu weiterzugehen Richtung eigentliches Tagesziel: Markovščina. 2km Fußmarsch an der Bundestraße machten mich wieder vollkommen fit! Am Ziel angekommen, fanden wir, schon am Weg in Richtung höchstem Punkt der Route, dem Berg Slavnik, einen ausgezeichneten Zeltplatz. So war der erste Tag um ca. 21 Uhr vorbei. Es war sehr anstrengend. Aber wir haben es geschafft, wenn auch mit einigen Blasen an den Füßen. Diese sollten uns aber bis ans Meer nicht mehr all zu viel beschäftigen.

Tag 2

Christoph wollte eigentlich schon um 5 Uhr aufbrechen. Um diese Zeit konnte ich aber erst richtig einschlafen. So gingen wir die geplante 20km-Tour um 7:30 Uhr an. Es sollte ein Tag mit sehr viel Höhen- (und Tiefen-)metern werden. Nicht nur wegen dem Slavnik. Nach dem Frühstück ging die Straße in einen für Autos nicht gut befahrbaren Schotter- bzw. Steinweg über. Dies hielt aber gewisse Allrad-Autos nicht davon ab trotzdem hier rauf zu düsen. Eigentlich sollte ein Berg mit 1028m mit Basislager auf ca. 550m nicht wirklich schwer zu bewältigen sein. Doch der Berg und der Rucksack sowie die heiße Sonne zeigten sich von ihrer dunklen Seite (die Sonne eigentlich von der hellen) und so wurden diese 1,5 Stunden zur Qual. Jedoch war der Lohn viel größer, als wir schlussendlich den Gipfel erreichten: Eine bezaubernde Aussicht auf das slowenische Istrien und vor allem ein erster Blick auf unser großes Ziel: Das Meer!

Da die Reise noch eine lange ist und wir unser Tagesziel von Beginn an eigentlich um 5km ausdehnten, gingen wir aber auch gleich wieder bergab nach Podgorje, wo nach dem Abstieg über einen sehr steinigen Weg meine Knie schon ziemlich zitterten. Da wir nun aber schon fast die 10km Marke erreicht hatten, es schon Mittag war und das einzige Gasthaus bis zum Ende des Tages gleich vor uns war, gönnten wir uns eine Pause. Womit wir nicht rechneten: Das Gasthaus hatte zu, aber trotzdem offen. Wie das geht? Es kommt ohne 3x nachzufragen kein Kellner, dieser sagt dann als er kommt (in voller Kellner-Uniform), dass sie eigentlich geschlossen haben, aber wir trotzdem eine Kleinigkeit zu Essen bekämen. Sehr nett. Außerdem konnten wir unseren Trinkvorrat wieder auffüllen.

Der nächste Teil der Strecke war für mich ein Highlight der Route: die Durchquerung des Tales von Podpeč nach Hrastovlje. Podpeč ist nämlich ein Ort, direkt an den Berg gebaut. Fels-Häuserreihe-Straße-Häuserreihe-Abgrund. Das Ganze mit einem Flair von „ausgestorben“. In der heißen Mittagssonne ein Traum! Was aber noch mehr Traum war, ist die Wassermutter von Podpeč! Wir verstanden sie zwar nicht, doch sie zeigte uns den Weg zur Bergwasserquelle des Ortes und verhalf uns so wieder über die nächsten Kilometer. Diese Frau, als höchstwahrscheinlich einzige Einwohnerin, ist unserem Anschein nach wahrscheinlich auch Bürgermeisterin, Bibliotheksbeauftragte und auch Kommandantin der örtlichen Feuerwehr!

Nach der Rast ging es weiter runter ins Tal von 330m auf 160m Höhenmeter. Doch wer jetzt denkt, wir sind schon fast auf Meereshöhe: Falsch gedacht, heute geht es wieder auf ca. 400m rauf!

In Hrastovlje begaben wir uns dann hinter die Mauern der Dreifaltigkeitskirche, jedoch nicht in die Kirche selber. 2€ Eintritt… wer zahlt bitte für eine Kirche Eintritt!?

Das nächste Ziel war nun Kubed, das eigentlich Planziel des Tages. Doch es war noch zu früh um aufzuhören, auch wenn die ersten Zeichen der Müdigkeit schon eingetreten sind. Vor allem der letzte Anstieg vor Kubed hatte es in sich: Nach ca. 2km gemütlich geradeaus gehendem Weg, folgte ein konstant steiler ca. 500m langer Anstieg, welcher dann zum Glück in Kubed endete. Vorübergehend. Denn als wir weitergingen, lachte uns der E6 wieder bitterböse – mit einem langen Anstieg – ins Gesicht. Doch es wurde bisher noch jeder schwierige Weg belohnt. Diesmal mit einem Sonnenuntergang deluxe inklusive Meeresblick nach Koper. Perfekt!

Nun ging es nur noch nach Sveti Anton, dem ersten größeren Ort mit Pizzeria, Supermarkt und „Unterkunft“. Hier verursachte der vegane Stu ein Erstaunen der Kellnerin, als er eine Pizza nur mit Tomatensauce bestellen wollte. Zum Glück gab es dann doch noch etwas „G’scheites“ für ihn zu essen.

Als es dann schon 21 Uhr war machten wir uns auf zur Unterkunft. Vergeblich, meine Nokia Maps haben mich gedisst. Nix da Unterkunft, nur normales Haus. Doch die freundlichen Slowenen (rund um die Zaun) ließen uns im Weingarten zelten, was uns quasi den Arsch rettete, da man ja nicht einfach irgendwo mitten im Ort campen konnte. Außerdem versorgten sie uns mit Wasser, Klo und Alkohol, da gerade eine Party stieg und wir auch eingeladen wurden. Man braucht nur die richtigen Leute zu treffen 🙂

Tag 3

Um 7.30 Uhr ging der dritte und letzte Wandertag los. Das Ziel war heute nicht mehr ein Zelt ohne Dusche etc., sondern das Meer und ein Hostel. Die Strecke war Dank des langen gestrigen Tages nur mehr 20km lang. Nach einem Abstecher beim ersten Supermarkt seit Beginn der Reise, ging es durch Weinberge und die Orte Marezige und Babiči eher gerade dahin, bis sich die letzte große und auch wieder ziemlich lange Steigung nach Pomjan uns in den Weg stellte. Wieso bauen die Slowenen ihre Dörfer auch immer auf jeden Hügel rauf? Wahrscheinlich wegen der super Aussicht! Das Meer war nun schon zum Greifen nahe! Die letzten 10km warteten auf uns. Viel mehr hätten aus auch nicht sein dürfen – Stichwort „Estefan, Adelante!“. Gernot war dann immer noch so unterfordert, dass er von nun an Stefans Rucksack auch noch mitschleppte.

Nach einer Pause in Smarje ging es in Gažon noch eine kurze Steigung hinauf (hier mussten wir unbedingt einen Sprint einlegen, so fertig waren wir schon!), ein bisschen flach dahin und dann waren Izola und das Meer nur mehr einen Abstieg vom Plateau entfernt!

Jetzt hatten wir unser Ziel erreicht! Ich spürte jeden Meter in meinen Füßen, Wadln, Knien, Blasen und auch am Rücken… doch es war geschafft! Man ist selten so froh am Meer zu sein!

Da wir noch nicht ins Hostel konnten, ging es gleich zum Strand. Für Christoph, Rufus und Gernot war es dann richtig angenehm im Meer. Für Stu und mich eher nicht. Die Blasen und das Salzwasser passten nicht so ganz zusammen.

Jetzt war genießen angesagt! Nur nicht für Stu: Dessen ganzer Fuß musste wegen unendlich vielen Blasen und Schnitten verarztet werden 😉

Tag 4 und 5

Da das Ziel der ursprünglichen Route, des von uns leicht abgekürzten E6, eigentlich in der Nähe von Piran war, ging es auch noch dorthin! Diesmal aber mit dem Bus 🙂 Am Nachmittag fuhren wir dann zu unserer Final Destination, nach Koper. Von hier aus wurde die Heimreise per Zug am Freitag um 5:30 Uhr angetreten. Nachdem wir im Hostel eingecheckt hatten ging es in die relativ kleine Altstadt (im Vergleich zur Industrie rundherum). Dort ließen wir die Reise bis in die späten Abendstunden, bzw. für gewisse Personen auch noch bis in die Morgenstunden ausklingen. Rufus hatte etwas zu tief ins Glas geschaut und musste dafür auch büßen! Als ich seine Alkoholleiche um 4:15 Uhr in der Früh endlich wieder zum Aufwachen brachte, gab es nur ein kurzes „da Stu stinkt“ (auf richtige Aussprache achten!) und dann war er auch schon beim frühmorgendlichen Meeting mit Earl 🙂

Wir schafften es dann auch noch rechtzeitig zum Zug und traten schlafend die Heimreise an…

Erfahrungen und Zitate zusammengefasst

  • „Ab jetzt gehts nur mehr bergab!“
  • „Estefan, Adelante!“
  • „Angeblich gehts da rechts nach Izola!“
  • „Da Stu stinkt!“
  • „Ach, Malmö!“
  • Hostel haben nie dann offen wenn man einchecken will
  • Steh auf und geh weiter! Dann vergisst du Müdigkeit, den schweren Rucksack und die Schmerzen!
  • Zu Fuß ans Meer IST MÖGLICH!
  • (3 Tage nicht zu Duschen ist auch nicht sooo schlimm :))

Zum Abschluss möchte ich mich, als mehr oder wenig gutter Navigator, bei allen Mitgehern bedanken, welche die Reise komplett gutt und unvergesslich gemacht haben!

  • Christoph

    Angeblich gehts da rechts nach Izola!


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