Irgendwie will der Traunstein nicht, dass wir ihn besteigen. Im Sommer hat uns die Wetterprognose einen Strich durch die Rechnung gemacht. Na gut, dann machen wir es eben im Herbst, wo es keine Gewitter gibt. Die letzten beiden Wochen war gefühlt keine einzige Wolke am Himmel. Dann, just am Tag des nächsten Besteigungsversuchs hängt der Gipfelberech wie oben zu sehen in einer dicken Nebeldecke. Da wir die Nacht im Traunsteinhaus verbringen wollen, ist auch das Wetter für den Tag darauf interessant: -2°C, aber zumindest ohne Niederschlag. Da das Wetter grundsätzlich nicht gefährlich ist, beschließen wir – Alex, Babsi, Tanja und ich – es diesmal durchzuziehen.
Auf dem Weg von Linz Richtung Salzkammergut und Traunsee hat man den wohl prominentesten Gipfel des oberösterreischischen Alpenvorlandes normalerweise immer im Blick. Wobei im Blick fast zu wenig ist: Wenn man auf der A1 von Allhaming nach Sattledt fährt, ist er genau vor einem und macht Werbung für sich. Heute ist aber ein diesiges Herbstwetter und aus der Ferne sind leider keine Berge erkennbar.
Am Parkplatz zwischen See und Berg angekommen, sind wir nicht die einzigen „Verrückten“ die heute den mit 1691 Metern nicht gerade als Riesen zu bezeichnenden Berg in Angriff nehmen. Der Parkplatz ist selbst heute voll.
Abmarsch
Rucksack rauf, los geht es und sogar die Sonne wird uns auf dem ersten Abschnitt begleiten! Ursprünglich wollte ich im Gipfelbereich die Variante über den Traunsee-Klettersteig gehen, ich hab mich dann aber glücklicherweise dafür entschieden lieber eine Schicht Gewand mehr, anstatt des Klettersteigsets, einzupacken. Auch ohne Klettersteig wählten wir den Hans-Hernler-Steig als Aufstieg: In 1200 Höhenmetern und 3 Stunden sollten wir die Gmundner Hütte erreichen um danach ein paar Minuten zum Traunsteinhaus abzusteigen. Am Traunstein hat mich schon immer fasziniert, dass es trotz des alpinen Geländes sogar zwei Hütten auf dem Gipfelplateau gibt. Eine von den Naturfreunden und eine vom Alpenverein verwaltete Hütte. Es muss wohl das Prestige sein, dass man als alpiner Verein auf diesem Berg eine Hütte hat.
Es heißt immer, dass es keinen leichten Weg auf den Traunstein gibt. In meinem Klettersteigführer sind die beiden Wege (neben dem Hernlersteig auch der Naturfreundesteig) sogar als leichte Klettersteige verzeichnet und es wird sogar geraten einen Helm und für Anfänger ein Klettersteigset mitzubringen. Der Helm wäre wahrscheinlich grundsätzlich keine schlechte Idee – es gibt immer wieder Steinschlaggefahr. Auf dem gesamten Weg nach oben haben wir aber keinen einzigen Wanderer mit Helm gesehen. Auch wir sind ohne rauf. Den Steig selbst würde ich nicht als schwierig bezeichnen, es ist halt nun einmal kein normaler Wanderweg, sondern eben ein Steig: Steil, zwischendurch ausgesetzt und es gibt einige Seil-versicherte Felspassagen wo man ein bisschen kraxln muss. Wer auf dem Katzenstein (dem kleinen Bruder des Traunsteins) keine Probleme hatte, wird auch hier gut auf den Gipfel kommen, genug Kondition vorausgesetzt!
Auf Höhe des Parkplatzes war es noch angenehm im T-Shirt, nach oben hin wird es kälter und kälter und man kommt dem Nebel im Gipfelbereich immer näher. Auf ca. 1300 Metern treffen wir eine Gruppe Wanderer die sichtlich schon öfter am Traunstein war. Als wir sie nach den Bedingungen oben fragten sagten sie, dass man eben nichts sieht. Falls wir schon einmal oben waren, könnten wir mit gutem Gewissen umdrehen. „Und wenn wir noch nicht oben waren?“. „Dann müsst’s eh sowieso weitergehen!“. Gesagt, getan.
Im Nebel
Auf 1400 hm dringen wir dann in die Nebeldecke ein. Jegliche Höhenangst ist von nun an egal. Den Weg erkennt man zum Glück aber schon noch gut genug, mehr aber auch nicht. Beim Klettersteig-Einstieg war es dann eine gute Entscheidung das Equipment daheim zu lassen. Alleine und ohne Sicht muss ich mir das nicht geben.
Trotz widrigster Verhältnisse herrscht beste Stimmung
Bis zur Gmundner Hütte kann es nicht mehr weit sein. Im Nebel auf einem fremden Berg hätte man nun ohne technische Hilfen keine Ahnung wie weit es noch ist. Laut GPS-Uhr sollten wir nun bald da sein. Einige Minuten später taucht wie aus dem nichts, nicht einmal 10 Meter entfernt die Hütte auf. Der schwierigste Teil ist geschafft! Jetzt noch auf den Gipfel… aber in welche Richtung? Einige Wanderer, welche gerade zufällig aus der Hütte kamen, hielten die Frage anfangs für einen Scherz, sagten uns aber dann doch, was wir wissen wollten. Da aber schon in einer starken Stunde die Sonne untergeht und es durch den Nebel sowieso schon nicht besonders hell war, beschlossen wir den Gipfel am nächsten Morgen in Angriff zu nehmen.
Traunsteinhaus
Nach 15 weiteren Minuten erreichen wir unser Tagesziel: Das Traunsteinhaus auf 1580 Metern. Diese eindrucksvolle Hütte wurde vor vier Jahren komplett renoviert und ist nun eine Mischung aus modern, praktisch, aber trotzdem extrem gemütlich. Es gibt zwar „nur“ Lager und keine Zimmer, jedoch sind immer relativ wenige Schlafplätze in einem Raum und die Betten sind in Zweierkojen eingeteilt, wo man abgetrennt von anderen genug Privatsphäre hat. Genial!
Eine Woche später geht die Hütte in die Winterpause und den Hüttenwirten merkt man die lange Saison und die täglich extrem anstrengende und lange Arbeit an. Das Bratl und der Kaiserschmarrn schmecken jedoch natürlich trotzdem noch ausgezeichnet. Das Schloss Eggenberger Bier sowieso. Jetzt nur noch den Abend gemütlich ausklingen lassen.
Babsi, Alex, Tanja, ich und das Bier 🙂
Dinge die ich an einer Hüttenübernachtung besonders mag:
- Im Finsteren noch einmal kurz eine Runde vor der Hütte drehen und die Stille und Freiheit genießen
- Bei Tagesanbruch eine kurze Runde vor der Hütte drehen und die Stille und Freiheit genießen
Als ich dann Ersteres – des Nebels wegen ohne viel Erwartung – tat, konnte ich zu meinem Erstaunen feststellen, dass es aufgerissen hatte! Man konnte nun das beleuchtete Seeufer und die Ortschaften Gmunden und Ebensee im nächtlichen Glanz erstrahlend erkennen.
Gipfeltag
Einziger Blick auf das Gipfelplateau: Gmundner Hütte links und Gipfel rechts
Architektonische Baukunst am Berg
Während die anderen Schlafmützen um 7 Uhr noch nicht aus ihren Kojen kamen, drehte ich wieder meine Runde. Noch immer kein Nebel! Und bei Tageslicht konnte man nun das gesamte Gipfelplateau mit der Gmundner Hütte 100 Meter höher und dem Gipfelkreuz bewundern. Leider sollte dieser Anblick dann der Einzige dieser Art sein. Als wir nach dem Frühstück zum Gipfel aufbrechen, war der Nebel wieder da. Außerdem begann es leicht zu schneien. Naja.. die Hoffnung stirbt zuletzt. Als wir dann den Gipfel eine halbe Stunde später erreichten, konnten wir es nicht glauben: Richtung Norden und Osten war kein Nebel und eine wunderschöne Sicht zum Traunsee und ins Voralpenland! Endlich am Traunstein!
Gipfelfoto: Das Kreuz ist einfach zu groß
Auf dem Rückweg zog sich auch der Nebel immer mehr zurück und die Sonne kam hervor. Wir entschieden uns für den einfachsten Weg runter, den Mairalmsteig. Zwei Stunden nach dem Gipfelsieg waren wir dann bei der Forststraße angekommen, wo es links in zehn Minuten zur Mairalm ginge und rechts zurück zum Parkplatz, wo wir nun hingehen. Nach einer gemütlichen halben Stunde bergab, kommt man dann zu einer der schönsten Passagen am Rückweg: Hier sind die Einstiege des Naturfreundesteigs – welcher sichtlich schwieriger beginnt als der Hernlersteig – und des leider immer noch gesperrten Mieswegs, welcher am Seeufer entlang führen würde. Der „Normalweg“ durch die Tunnel ist aber auch interessant.
Eine weitere halbe Stunde später sind wir dann wieder beim Parkplatz angekommen.
Fazit
Durch den Nebel hat man die paar Möglichkeiten, eine Aussicht zu genießen, viel intensiver wahrgenommen. Natürlich wäre ein Sonnenauf- oder untergang schön gewesen, aber dieses mal hat es nicht sein sollen. Aber wir kommen bestimmt wieder, es gibt ja noch den Naturfreundesteig und den Traunsee-Klettersteig auszuprobieren. Wie viele andere auch, würde auch ich eine Übernachtung am Berg einer Tagestour vorziehen, vor allem wegen des Traunsteinhauses. Trotz der – absolut gesehen – geringen Höhe des Gipfels ist die Tour nicht zu unterschätzen. Technisch und konditionell sollte man schon eine gewisse Erfahrung mitbringen. Wer technisch unsicher ist, sollte besser vorher den Katzenstein als Vorbereitung gehen.
- Aufstieg: 3 Stunden (Parkplatz – Gmundner Hütte), 15 Minuten (Gmundner Hütte – Traunsteinhaus), 30 Minuten (Traunsteinhaus – Gipfel, oder 10 Minuten von der Gmundner Hütte)
- Abstieg: 3 Stunden (Gipfel – Mairalm – Parkplatz)
- ca. 1400 Höhenmeter (beide Tage)